Keine zweieinhalb Jahre ist es her, dass ich mir infolge der Diagnose Asthma bronchiale für einen kurzen, schreckhaften Moment die Möglichkeit einbildete, in der Tradition von Proust und Kafka lungenkranker Schriftsteller zu werden. Was mir damals weniger als ein nun naheliegender Beruf, denn als eine physische Anrufung erschien, hat sich in der Zwischenzeit in keinerlei literarischer Anstrengung manifestiert. Offensichtlich ist meine Krankheit nicht stark genug, um so etwas wie ‚Talent’ hervorzubringen und auch der Gedanke an das Schicksal eines frühen Todes mag mich davon abgehalten haben, diesen Weg konsequent zu verfolgen. Als ich gestern am frühen Abend – angeregt von einer Rezension, die Rainald Goetz 1981 in DER SPIEGEL veröffentlicht hat – Die Kälte. Eine Isolation (1981) von Thomas Bernhard aufschlug, schien ich von meiner hypochondrischen Eintagsambition längst geheilt und war mir keiner Gefahr eines Rückfalls bewusst. Thomas Bernhard: ‚Die Kälte‘ (1981) weiterlesen
Rainald Goetz
Gastprofessor Goetz
Bericht über die Heiner-Müller-Gastprofessur mit Rainald Goetz am Peter-Szondi-Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft der Freien Universität Berlin (Sommersemester 2012)
Es beginnt mit einer Hassempfindung. (Rainald Goetz)
Seit der Antrittsvorlesung im Mai 2012 und den folgenden Seminarterminen ist viel veröffentlicht und im Privaten vermutlich noch weitaus mehr geschrieben worden über die Heiner-Müller-Gastprofessur von Rainald Goetz am Peter-Szondi-Institut der Freien Universität Berlin: Presseartikel, Blogs aus dem Seminarraum, nicht zuletzt ein Artikel in der Augustausgabe des Merkur. Nachdem Goetz sich über längere Zeit öffentlichen Auftritten entzogen hatte, schwingt sich im Jahr der Veröffentlichung seines neuen Romans Johan Holtrop eine gesteigerte Begierde nach dem Autor auf, die von diesem durch eine gemeinsam mit Diedrich Diederichsen an der Humboldt Universität Berlin gehaltene Veranstaltung unter dem Titel mehr, später mit der medienwirksamen Inszenierung seiner Buchübergabe an die in den Suhrkamp-Verlag eingeladenen Kritiker nicht nur bedient, sondern direkt angefacht wurde. Gastprofessor Goetz weiterlesen